Zum
Gedenken an
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SH Friedrich-Ernst Prinz von Sachsen Meiningen Herzog zu Sachsen wäre am 21. Januar 2005 70 Jahre alt geworden; er wurde am 13. Juli 2004 von dieser Erde abberufen. Wir wollen seinen Geburtstag als Gedenktag zu einer Würdigung seines Lebens nutzen, auf sein Leben zurückblicken; auf einen Edelmann, für den Zuverlässigkeit und Ritterlichkeit herausragende Eigenschaften waren; einem wahren Herrn, Gentleman und Souverän, der, an seinen Urgroßvater erinnernd unter anderen geschichtlichen Umständen, dessen Werk sicher fortgeführt und einer Vollendung hätte näher bringen können. Seine
frühe Kindheit verbrachte der kleine Prinz im Großen Palais in der Bernhardstrasse
in Meiningen und auf dem Herrensitz seiner Großeltern in Schlesien; eine
behütete und ihn prägende Zeit. Hier entwickelte sich auch seine Liebe
zu Tieren und Pflanzen. Den letzten fast vollen Mond seiner Lebenszeit über dem Schweizer Jura, dem Rheintal und seinem Waldpark - in einer unglaublichen Nachtstimmung - hat er noch voll genießen können, die Anstrengung und die Schmerzen vergessend. Genauso prägend waren aber auch das Kriegsende und die Folgejahre mit Verlusten - ebenso wie vielen seiner Altersgenossen: der Verlust der Heimat mit der Flucht aus Schlesien, danach der Abschied von Meiningen, die spätere Scheidung der Eltern. Prägend war auch das frühe Verlassen der Schule, um den Beruf eines Hotelkaufmannes zu erlernen, in jungen Jahren im Ausland auf sich allein gestellt, verantwortlich tätig zu werden. In dieser Zeit verstärkte sich sein Bedürfnis nach einem harmonischen Umfeld, das er in seinem Leben nicht immer fand. Bereits im Alter von 24 Jahren ergriff er seine Chancen, nutzte seine Sprachkenntnisse und verkäuferischen Talente und wechselte als Verkaufsleiter in die Papierindustrie, bevor er dann im Alter von 26 Jahren die Stahlbranche kennen lernte, die wenige Jahre später mit der Blechbearbeitung Grundlage für seine erfolgreiche Selbständigkeit wurde. Seinem obersten Chef begründete er den Wunsch aus dem Angestelltenleben als jüngster Handlungsbevollmächtigter im Thyssenkonzern auszusteigen und Handelsvertreter zu werden mit den Worten: ich will weniger arbeiten und mehr Zeit für mich und meine Hobbys haben. Das Ergebnis: fast vierzig Jahre lang eine 60-70 Stundenwoche, überwiegend am Schreibtisch oder im Auto. Dabei beherrschte er aber die Kunst, sich an den kleinen Dingen des Lebens zu erfreuen, einer Blumenwiese, einer Landschaft, einem Gang durch eine Altstadt, der Besichtigung einer Kirche am Wegrand, einem Schlosspark, möglichst auch dem Schloss selbst. Die Beschäftigung mit Kunstgeschichte, mit Antiquitäten, mit allgemeiner Geschichte, aber auch der des 20. Jahrhunderts, nicht nur der europäischen, war ihm Bedürfnis. Zu seinen herausragenden Eigenschaften gehörte ein unendlicher Fleiß, ein breites Wissen und eine rationelle Betrachtungsweise der Dinge, ein ausgeprägter Geschäftssinn und eiserne Selbstdisziplin. Prinz Friedrich-Ernst trennte nie zwischen Arbeit und Freizeit. Seine schier unerschöpfliche Phantasie überschüttete ihn geradezu mit Ideen und entfachte in ihm eine ewige Neugier auf unzählige Projekte, Geschäftsideen und Gestaltungsvorhaben. Bezeichnend für ihn war, daß er kein einziges Projekt für sich allein plante oder umsetzte, immer verband er mit seinen Vorhaben eine Person aus seinem nächsten Umfeld, aus dem Meininger Haus, aus dem Verwandten- oder Freundeskreis und vor allem den Menschen, für die er glaubte, die Verantwortung übernehmen zu müssen; jedes seiner Vorhaben sollte eine Begünstigung für Dritte erfahren. Hierbei fasste er den Begriff von "Familie" sehr weit. Wer in seiner unmittelbaren Umgebung harmonisch mit ihm arbeitete, erlebte eine ungespielte familiäre und freundschaftliche Nähe. Um seinen Ideen zur Umsetzung zu verhelfen, nahm Friedrich-Ernst von Meiningen oft ungewöhnliche Wege und Lasten in Kauf. Er vertraute dabei auf seine außergewöhnliche Kraft und seinen Mut, der die echte Voraussetzung für einen Unternehmer ist. Schon sein Großvater Grössler hatte in dem jungen Friedrich-Ernst bei der Vertreibung und Flucht aus Schlesien und Thüringen in ihm dieses unüberwindbare Selbstbewusstsein, sich jeder Angst zu widersetzen, entfacht. Während seine tatsächlichen Lebensstationen Schlesien, Hausen im oberen Donautal, Freiburg, Düsseldorf, Bretzfeld bei Heilbronn, Möhlin in der Schweiz und wiederholt der Thimoshof im Südschwarzwald waren, war doch sein Name immer auch sein Programm und seine Heimat: Meiningen. Prinz Friedrich-Ernst trat an als Gründungspräsident des Kuratoriums Kulturstadt Meiningen und wirkte mit Organisationstalent, Kunstverstand, Traditionsbewusstsein, unübersehbar beflügelt durch das ihm eigene Selbstverständnis als "Landesvater". Für ihn war es nicht so entscheidend, dass er ja faktisch ohne Land, ohne Schloss, ohne Regierung, ohne Etat und ohne Mandat antrat. Sein Name war ihm Mandat genug, als Regierung musste eine Person reichen, Etat war die eigene unerschöpfliche Kraft. Er fühlte sich verpflichtet der Tradition und den Werten seiner Herkunftsfamilie, Helfen und Unterstützen war seine Zielsetzung. "Lasst uns Zeichen setzen!" - unter diesem Motto stand und steht eine herausragende und sehr erfolgreiche Aktion des Kuratoriums Kulturstadt Meiningen zur Rettung und Restaurierung der bedeutendsten historischen Theaterkulissen Deutschlands, die in den Beständen der Meininger Museen überdauert hatten und als Zeugnisse der Theaterreform Herzog Georg II. von Sachsen-Meiningen, seines Urgroßvaters, Zeugnisse großer europäischer Theatergeschichte sind. Es gelang dem Kuratorium, maßgebliche Persönlichkeiten der heutigen Theaterwelt zu mobilisieren. Das Theatermuseum Meiningen profitiert fortwährend und nachhaltig von dieser Spendenaktion. 1992 organisierte Prinz Friedrich-Ernst eine Konzerttournee für das Meininger Residenzorchester. Diese Tournee bleibt ein leuchtendes Beispiel für private Kunstförderung in Meiningen, organisiert durch sein "Kontaktbüro Sachsen-Meiningen für Kunst- und Wirtschaftsförderung". Konzerte in Neu-Ulm, Basel, Schaffhausen, Bern, Zürich und in der von ihm geliebten Villa Carlotta am Lago Como standen auf dem Programm. Das Programmheft zu dieser Konzertreise, von dem einige Exemplare erhalten sind, ist eine bleibende Erinnerung. Ab Herbst 1992 trat der Kunst- und Kulturförderer Prinz Friedrich-Ernst, der übrigens als Ehren-Chorsänger bei der Meininger Chorgemeinschaft auch selbst in bescheidenem Maße künstlerisch tätig war, im verstärktem Maße als Geschäftsmann in Meiningen auf. Schloss Landsberg und die Villa Steinburg in Römhild standen vor dem Aus. Prinz Friedrich-Ernst erwarb beide Objekte: er wurde zusätzlich Hotelier. Binnen zwei Jahren wurden beide Betriebe und beide Gebäude dem ziellosen Trott entrissen - neu organisiert und saniert. Insbesondere die Restaurierung von Schloss Landsberg war eine außerordentliche Herausforderung für alle Beteiligten. Der behutsame Umgang mit der wertvollen Baumasse, die Beseitigung bzw. Abschwächung baulicher Sünden aus vergangenen Jahrzehnten verbunden mit dem Einbau modernster Technikund baulicher Umstrukturierung für einen zeitgemäßen Hotel- und Restaurantbetrieb sind bleibendes Verdienst von Friedrich-Ernst von Sachsen-Meiningen. Schloss Landsberg galt in der Zeit seiner Entstehung als eine Art Baumuster eines Schlosses im englischen Stil für Deutschland. Es entstand unter maßgeblicher Förderung der Königin Adelheid von Großbritannien, Prinzessin von Sachsen-Meiningen, Schwester des Schlosserbauers Herzog Bernhard II. Prinz Friedrich-Ernst nutzte seine Bekanntheit und seinen guten Namen, um in der australischen Großstadt Adelaide, die nach dieser Königin benannt ist, auf die kleine thüringische Residenzstadt, den Geburtsort der Namenspatin, aufmerksam zu machen. Es entwickelten sich interessante Begegnungen auf verschiedenen Ebenen, insbesondere in kultureller Hinsicht. Zu den berühmtesten Gästen auf Schloss Landsberg zählten sicher die Berliner Philharmoniker, die auf Grund wohlwollender Bitte und Zusprache, vorgetragen durch Friedrich-Ernst von Meiningen, für den Austragungsort ihres 4. Europa-Konzertes am 01. Mai 1994 Meiningen ausgewählt hatten, um so ihren verdienten Dirigenten Hans von Bülow zu seinem 100. Todestag zu würdigen. Das Konzert gehörte für Prinz Friedrich-Ernst zu seinen schönsten Erinnerungen an Meiningen. Mit der MSM, einer Sachsen-Meiningischen Handelsniederlassung für Gebrauchtmaschinen, erfaßte auch der Geschäftszweig, der Fried von Meinigen vor über 30 Jahren eine zweite berufliche Heimat gegeben hatte, das Meininger Umfeld. Weitere touristische Projekte, wie ein Freizeitpark nahe dem Schloss Fasanerie bei Hermannsfeld, ein Unternehmer-Seminarzentrum auf Schloss Altenstein bei Bad Liebenstein und weitere Vorhaben blieben planerische Spiele, zeigen jedoch deutlich Engagement und Kreativität. Friedrich-Ernst von Meinigen musste irgendwann hinnehmen, daß seine Kräfte und Möglichkeiten die für Meiningen erforderlichen Anstrengungen und Aufwendungen nicht mehr leisten konnten, insbesondere da die politisch bedingten widrigen Umstände stärker waren als er. Die Weiterführung ging in andere Hände über. Auch die Würde der Ehrenmitgliedschaft im Kuratorium Kulturstadt Meiningen konnte ihm seine Enttäuschung darüber nicht mindern. Mit seiner zupackenden Art, seinem Engagement, seiner Kreativität und seinem Verantwortungsbewusstsein für andere hat Prinz Friedrich-Ernst vieles bewegt und bewegen wollen - zu einer Zeit, als andere Standesgenossen noch abwarteten. Allerdings: Abwarten, Geduld haben, Sicherheiten verlangen, sich auf Dritte abstützen - das waren keine Eigenschaften von Prinz Friedrich-Ernst. Mit großer Ernsthaftigkeit hat er den Wahlspruch des Hauses Sachsen-Meiningen gelebt: "Fideliter et Constanter"
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