März 2005:

Adelheid und Cecilie: Zwei bedeutsame fürstliche Frauengestalten des 19. und 20. Jahrhunderts

- Rezension -


 

Adelheid - die Meiningerin auf dem englischen Königsthron - Ein Frauenschicksal während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts - unter diesem wegweisenden Titel erschien 2004 eine kleine, aber historisch äußerst wichtige Publikation im Bielstein-Verlag Meiningen. Dieser Verlag entstand auf Privatinitiative von Hannelore Schneider und widmet sich besonders geschichtlichen Themen Meiningens und Umgebung.

Adelheid von Meiningen (1792 - 1849) war die Schwester von Herzog Bernhard II. von Sachsen-Meiningen-Hildburghausen und die Gemahlin des englischen Königs Williams IV. (1765 - 1837). Gleichzeitig war Adelheid die Tante der weithin bekannten Queen Victoria (1819 - 1901), die wiederum mit Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha (1819 - 1861) verheiratet war. Durch diese eheliche Verbindung gelangte das wettinische Haus Sachsen-Coburg und Gotha zur Königswürde in Großbritannien. Seit 1917 benannte sich dieser Zweig der Ernestinischen Wettiner in "Haus Windsor" um. Daher ist auch die gegenwärtig regierende englische Königin Elisabeth II. ein Mitglied des Hauses Wettin-Ernestinische Linie. Mit Regierungsantritt von Victoria in Großbritannien erreichte das Haus Sachsen-Coburg und Gotha Weltbedeutung. Zusätzlich stellt es noch heute die Linie der Könige von Belgien. Ehemals regierte dieses Haus auch in Bulgarien, Portugal und Brasilien.

Bezeichnend erscheint, daß Adelheid von Meiningen sich bereits frühzeitig mit den Problemen der Sozial- und Wirtschaftspolitik beschäftigte. Damit reihte sie sich nahtlos in die Geschichte des Hauses Wettin ein. Dabei muß betont werden, daß in der gesamten Epoche dieses Fürstenhauses die wirtschaftlich-soziale Komponente eine wichtige Stellung einnahm.

So verfaßte Adelheid bereits 1816 noch als unverheiratete Prinzessin einen Aufruf an die Frauen des Herzogtums Sachsen-Meiningen, einen entsprechenden Verein wegen der drückenden wirtschaftlichen Not am 1. Februar des genannten Jahres offiziell zu gründen. Dazu schreiben Alfred Erck und Hannelore Schneider:

"Dieser Frauenverein sammelte Beiträge ein und sorgte mit der Almosenkommission und den Armenpflegern für die zweckmäßige Verteilung derselben, namentlich der Nahrungsmittel. Man bemühte sich auch, arbeitslosen Personen Arbeit zu verschaffen. Kein Hilfsbedürftiger sollte ohne Unterstützung bleiben; zugleich wurde der Bettelei entgegengearbeitet. Es bestand die Absicht, in sämtlichen Gemeinden ähnliche Vereine zu bilden."

Interessent ist auch, daß Adelheid mit jenem Problem konfrontiert wurde, das im Zug der industriellen Revolution vor allem in Großbritannien, ab der Mitte des 19. Jahrhunderts, aber auch für Deutschland Bedeutung erlangte. Dabei handelte es sich um die Problematik der "Sozialen Frage". Auch Adelheid beschäftigte sich nach, ihrer Heirat mit William und auch später als Witwe mit den damit zusammenhängenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen. Damit führte sie das Erbe ihres Ernestinischen Vorfahren Ernst des Frommen entschieden weiter. Sie erwies sich damit als ein sozial empfindender und handelnder Mensch. Daher sollte ihr wirtschafts- und sozialpolitisches Engagement in einer getrennten wissenschaftlichen Arbeit dargestellt werden.

Adelheid unterstützte auch in ihrer Position als englische Königin wiederholt die umfangreiche Bautätigkeit ihres Bruders Bernhard im Herzogtum Sachsen-Meiningen-Hildburghausen mit erheblichen Finanziellen Mitteln. Das gilt beispielsweise für Schloß Landsberg bei Meiningen. Auch mit dieser Tätigkeit unterstützte sie wirtschaftliche und soziale Aufgaben, die dazu beitrugen, daß ihr Heimatland sich zu einem volkswirtschaftlichen Faktor innerhalb des mitteldeutschen Raumes entwickeln konnte. Diese soziale Aufgeschlossenheit ist auch damit zu begründen, daß Adelheids Ehe mit William kinderlos blieb. Daher betrachtete sie - ähnlich wie später Carola von Sachsen - diese Anliegen als Ersatz für das fehlende Familienleben. Auf diese Weise übertrug sie ihre mütterlichen Gefühle auf ihre Untertanen im thüringischen Meiningen und nach ihrer Heirat auf ihre neuen Mitbürger in Großbritannien.

So können wir dem Bielstein-Verlag Meiningen nur dazu beglückwünschen, daß diese wichtige Forschungsarbeit 2004 erscheinen konnte. Diese ist nicht nur ein Baustein zum Verständnis der deutsch-englischen Beziehungen im 19. Jh., sondern auch ein grundlegender Beitrag zur wettinischen Geschichte Sachsens und Thüringens insgesamt.

 

Cecilie - Deutschlands letzte Kronprinzessin zwischen Monarchie und Republik

Die vorliegende Publikation entstand aus einer Ausstellung über Leben und Werk von Kronprinzessin Cecilie (1886 - 1954) im Hauptstaatsarchiv Potsdam, in deren Zusammenhang fünf verschiedene Autoren über die letzte Kronprinzessin berichten. Damit konnte erstmals ihr Lebenswerk der interessierten Öffentlichkeit präsentiert werden. In diesem Zusammenhang erscheint die Stellung von Cecilie in Anbetracht der gewandelten politischen Verhältnisse nach 1918 von großer Bedeutung. Sie betätigte sich nach Beendigung der Monarchie in Deutschland aktiv in der Politik, vor allem aber auch im sozialen Bereich, wobei diese Tatsache im Vordergrund ihres Interesses stand. In künstlerisch-kultureller Hinsicht ist ihr Name mit dem nach ihr benannten Cecilienhof bei Potsdam verbunden, d. h. jenem Ort, an dem 1945 die berüchtigte Zusammenkunft der vier Großmächte stattfand. Damals wurden Entscheidungen getroffen, die zur Aufteilung des besetzten Deutschland in vier Besatzungszonen führten. Die grundsätzlichen Beschlüsse wurden allerdings bereits in Jalta vollführt, aber in Potsdam endgültig sanktioniert.

Wenn auch diese kleine, aber wichtige Publikation keine direkten Hinweise auf Sachsen und Thüringen enthält, ist sie dennoch für die Verbindungen zu den Wettinern von großer Bedeutung, weil zwischen den Herrscherhäusern Hohenzollern und Wettin in Vergangenheit und Gegenwart enge Beziehungen bestanden, bzw. noch bestehen. Zu erinnern ist vor allem an König Albert von Sachsen, der nicht nur als Militärführer, sondern auch als Politiker einen freundschaftlichen Kontakt zu den Hohenzollern unterhielt. Er war auch ein Mittler zwischen Kaiser Wilhelm II. und Bismarck, ein Verhältnis, das einer dringenden modernen wissenschaftlichen Forschungsarbeit bedarf. So sollte auch die vorliegende Publikation über Kronprinzessin Cecilie Anlaß geben, sich mit den historischen, politischen und persönlichen Beziehungen beider Herrscherhäuser ernsthaft zu beschäftigen.

Dr. Albert Prinz von Sachsen Herzog zu Sachsen

München-Dresden, März 2005

 
 

 


[Alfred Erck/Hannelore Schneider; Adelheid - Die Meiningerin auf dem englischen Königsthron. Ein Frauenschicksal während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts; Meiningen, Bielsteinverlag 2004, Broschur 14,8 x 21 cm, 160 S. mit 86 Abb. in s/w und farbig ISBN 3-9809504-0-9 18,90 EUR

Generaldirektion der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (Hrsg.); Cecilie - Deutschlands letzte Kronprinzessin: zwischen Monarchie und Republik. 1886 - 1954; mit Beiträgen von Jörg Kirschstein et. al.; Redaktion: Alexandra Nina Bauer; Potsdam, Stiftung Preussische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, 2004. - 88 S. : zahlr. Illustrationen]

 
     
 

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