Gedenkgottesdienst für König Friedrich August II. von Sachsen - 150. Jahresgedächtnis der Königskapelle in Karrösten/Tirol

Homilie von Pf. Stephan Müller,
Imsterberg und Karrösten

Der Selige Kaiser Karl - Ein Mann des Glaubens



 
 

Liebe Prinzessin Elmira, lieber Prinz Albert,
liebe Mitglieder der Schützenkompanie und Musikkapelle Karrösten,
liebe Brüder und Schwestern!

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Kaiser Karl I. von Österreich-Ungarn
(1887-1922)

Vor 150 Jahren wurde die Königskapelle errichtet und eingeweiht. Sie wurde zum Gedenken an den an dieser Stelle verunglückten König Friedrich August II. von Sachsen errichtet. Unser Gedenken gilt jedoch nicht so sehr der Kapelle, sondern unserer Vorfahren. Wir gedenken unserer Vorfahren, denen wir das Leben und den Glauben verdanken. Unsere Vorfahren, die in gläubiger christlicher Haltung gelebt haben, wissen wir beim Herrgott. In der Gemeinschaft der Kirche sind sie auch uns nahe. Sie sind uns von der Ewigkeit her Helfer und Fürsprecher.

In diesem Sinn darf ich heute an einen Seligen erinnern, der nicht nur dem Land Tirol, sondern auch dem sächsischen Königshaus sehr nahe steht; der Selige Kaiser Karl von Österreich. Die Mutter von Kaiser Karl war Erzherzogin Maria Josepha von Sachsen. Sie war die Schwester von König Friedrich August III. von Sachsen.

Am 1. April 1922 starb in seinem Exil auf der portugiesischen Atlantikinsel Madeira Kaiser Karl von Österreich. Er war 34 Jahre alt. Er hinterließ eine 29-jährige Gattin, Kaiserin Zita, und 8 Kinder, Obwohl er erst fünf Monate dort war, haben beim Begräbnis auf der Verbannungsinsel 30.000 Menschen dem verstorbenen Kaiser das letzte Geleit gegeben. Nach seinem Heimgang setzte sofort eine große Verehrung für ihn ein. Die Inselbewohner nennen ihn "ihren Heiligen".

Wer sich unvoreingenommen mit dem Leben von Kaiser Karl befaßt, der wird nicht nur sehr erstaunt, sondern zutiefst betroffen vom Lebensbeispiel das dieser Mann, Vater und Politiker, gegeben hat. Was im Leben von Kaiser Karl besonders hervorsticht, ist seine Glaubenshaltung. Kaiser Karl war ein Mann des Glaubens.

Wie können wir von uns Menschen sagen, daß wir gläubig sind? Ein gläubiger Christ sein, ist nicht so schwer, wenn es uns gut geht, wenn wir gesund sind, wenn wir alles haben. Sicher, dann brauchen wir die Glaubenstreue im ganz gewöhnlichen Alltag. Das ist auch nicht immer leicht, Der Glaube wird sichtbarer, wenn das Thermometer des Lebens ganz oben oder ganz unten anstößt. Wenn es uns sehr gut geht, und wir dann Gott nicht vergessen, oder wenn es uns nicht gut geht, z. B. wenn wir geprüft werden, wenn wir keinen Erfolg haben, Schwierigkeiten zu bewältigen haben, Kreuz zu tragen haben, dann zeigt sich wie sehr jemand den Glauben lebt oder nicht.

Im Evangelium hat der Gesetzeslehrer Christus nach dem wichtigsten Gebot gefragt. Jesus hat mit dem Hauptgebot der Gottes- und Nächstenliebe geantwortet. "Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele. Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst" (Mt 22, 34-40).

Kaiser Karl hatte eine aufrichtige Liebe zu Christus, vor allem in der Eucharistie. Er hat von Jugend an ein Gebetsleben geführt, die Sakramente empfangen. Er sagte einmal: "Die Leute würden sich wundern, wenn sie den Grund meines Optimismus wüßten: die tägliche Heilige Kommunion." Er ist auch verstorben im Blick auf das Allerheiligste, das ihm ein Priester hingehalten hat. In seiner Aufgabe als Kaiser und König für 52 Millionen Menschen hat Karl die tägliche Messe eingebaut. Kaiser Karl zeigt uns, wo der Glaube beginnt: in einer tiefen persönlichen Gottesbeziehung, im täglichen Gebet, im Empfang der Sakramente der Buße und der Eucharistie. Nur mit dieser persönlichen Gottesbeziehung kann der Glaube für uns etwas Beglückendes werden und dann die Bereiche unseres Lebens durchdringen.

Aus seiner Gottesliebe heraus hat der Selige Karl eine - ich möchte sagen - reichhaltige tätige Nächstenliebe entfaltet. "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst"! - auch das war ihm Lebensprogramm. Er hat mit besonderer Vorliebe Kontakt mit den einfachen Menschen gesucht, ihre Anliegen und Sorgen angehört. Oft hat er in Einzelfällen Hilfe in die Wege geleitet. Es fehlt uns hier die Zeit, ausführliche Beispiele zu bringen. Unermüdlich war Kaiser Karl im sozialen Bereich tätig. In der Not des 1. Weltkrieges lebte er mit seiner Familie von der amtlichen Kriegsration. Er gründete das erste Gesundheits- und Sozialministerium der Welt. In den Fieberfantasien seiner letzten Krankheit in Madeira wollte er für die Kinder in Wien Milch beschaffen.

Der Glaube wurde bei Kaiser Karl sichtbar in seiner hohen Auffassung der christlichen Ehe. Er verstand die Ehe als eine Hingabe an seine geliebte Frau nach dem Beispiel Christi, der sich für seine Braut, die Kirche hingegeben hat. Schon am Verlobungstag sagte er zu Zita: "Jetzt müssen wir einander helfen, in den Himmel zu kommen." Vor dem Sterben hat er seiner Frau zugeflüstert: "Ich liebe dich unendlich!" Er ist den Eheleuten ein Beispiel für eine tiefe eheliche Liebe in und durch Christus. Er ist ein Beispiel für eine große Treue nicht nur in guten, sondern auch in bösen Tagen der Ehe, ein Vorbild für eine große Offenheit für den Segen der Fruchtbarkeit in den von Gott geschenkten Kindern, ein Vorbild für eine solide christliche Erziehung der Kinder.

Der Glaube wurde beim Seligen Kaiser Karl sichtbar im Verständnis seiner politischen Verantwortung, vor allem als Apostolischer König von Ungarn. Er hat sich zuerst immer Gott verantwortlich gewußt. Er war nie ein politischer "Herrscher", der sich über andere gesetzt hat. Er war wie Christus ein Diener aller. Er hatte die Überzeugung, daß es nur einen eigentlichen Herrscher gibt, das ist Christus der König. Ihm dürfen wir gemeinsam dienen. Politik als Dienst an den Menschen verstehen - in der Verantwortung vor Gott, ist wieder sehr aktuell, vor allem, um aus den gegenwärtigen großen politischen Krisen herauszukommen.

Kaiser Karl wollte auch in seiner hohen Verantwortung ganz im Einklang stehen mit dem Willen Gottes und den Geboten Gottes. Er hatte die Gewohnheit, vor allen Entscheidungen in die Kapelle zu gehen. Er kniete sich vor dem Tabernakel, um im Gebet das richtige zu erkennen. Er hatte auch die Gewohnheit, täglich den Hymnus zum Heiligen Geist zu beten.

Der Glaube Kaiser Karls wurde besonders sichtbar in den vielen schweren Prüfungen seines Lebens als Kaiser. Es ist so, daß wir bei ihm eigentlich keine Erfolge und Leistungen im menschlichen Sinn finden, zumindest nicht während seiner zweijährigen Verantwortung für Österreich-Ungarn. Ganz im Gegenteil. Während dieser Zeit sind alle seine Bemühungen für den Friede und für die Zukunft Österreich gescheitert. Er mußte eine Katastrophe nach der anderen mitmachen und sicher innerlich durchleiden. Auch Verleumdungen, Mitarbeiter, die gegen ihn gearbeitet haben. Was er ertragen mußte, ging über die menschlichen Kräfte hinaus. Es waren viele Situationen zum Aufgeben, Resignieren und Verzweifeln. Es war im Chaos des Krieges und des allgemeinen Zusammenbruchs fast aussichtslos. Im feuchten Sommerhaus in Madeira meinte er immer noch: "Wir müssen Gott danken. Es geht uns unverdient gut." Die Leute in Madeira wunderten sich, daß Kaiser Karl nie verbittert war oder schlecht über jene Menschen sprach, die ihm große Schwierigkeiten bereitet haben,

Doch Karl hat nie aufgegeben. In der Kraft des Glaubens hat er nicht nur durchgehalten. Er hat immer wieder neu begonnen, das wenige zu tun, was menschlich noch möglich war. Sein Vertrauen setzte er auf das Herz Jesu, dem er seine Familie weihte. Als es mit seinem irdischen Leben zu Ende ging, betete er fast ununterbrochen für seine Völker. Er sagte noch: "Ich muß so viel leiden, damit meine Völker wieder zusammenfinden." Zu Zita sagte er: "Das Gebet eines Vaters dringt durch die Wolken. Ein Teil meiner Kinder (gemeint sind seine Völker) hat dem Glauben abgesagt, andere sind in Gefahr dasselbe Geschick zu teilen. So habe ich beständig vor Gott zu kämpfen, um die einen zurückzuführen und die anderen zu bewahren".

Ein letztes Mal und am schönsten ist die Glaubenshaltung von Kaiser Karl auf seinem Sterbebett aufgeleuchtet. Er wollte, daß sein ältester Sohn, Erzherzog Otto, bei seinem Sterben dabei sei. Karl sagte: "Er soll sehen, wie ein Christ stirbt!" Seine letzten Worte waren: "Dein Wille geschehe, Jesus, Jesus, komm!"

Kaiser Karl, ein Mann des Glaubens. In einer Zeit, wo so einseitig nur auf Leistung und Erfolg Wert gelegt wird zeigt er uns, was vor Gott wichtig ist und zählt: Kaiser Karl starb als Christ nach einem Leben der Treue im Glauben, in der Hoffnung, der tatkräftigen Liebe, in der Treue zum Nachfolger des Petrus und zur Kirche, im Glauben an das Ewige Leben. Größere Haltungen kann ein Mensch beim Heimgehen zu unserem Schöpfer und Erlöser nicht haben.

Aus dem Staub des Exils wurde der Diener Gottes zur Ehre der Altäre erhoben. Vor einem Jahr, am 3. Oktober 2004, hat ihn Johannes Paul II selig gesprochen, Er hat ihn in das Verzeichnis jener Menschen aufgenommen, welche die Kirche im Himmel weiß. Die Heiligen sind nicht Menschen, die keine Fehler gemacht haben, sondern die nahe beim Herrgott waren, den Weg von Glaube, Hoffnung, Liebe und Bekehrung gegangen sind. Weil sie nahe bei Gott sind, sind sie auch uns nahe. Sie geben uns ein Beispiel. Sie sind uns Helfer, Fürsprecher und Wegweiser zum Dreifaltigen Gott. Amen.

 

Karrösten/Tirol,
Samstag, 22. Oktober 2005

 

 
 

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