Seine
Königliche Hoheit August
der Starke - Initiator des Zeithainer Lustlagers |
||
In diesem historisch bedeutsamen Gedenkjahr 2005 erinnern wir mit Recht an das Zeithainer Lustlager, das am Ende der Festkultur August des Starken stand und daher mit seiner Person eng verbunden ist. Es erscheint mir deswegen notwendig, dieser wichtigen Persönlichkeit des Hauses Wettin-Albertinische Linie zu gedenken. Als Historiker und direkter Nachkomme - August der Starke ist mein 6facher Urgroßvater - übernehme ich diese Aufgabe, ihn zu würdigen, mit großer Freude. Ich danke Ihnen dafür, daß mir diese ehrenvolle Aufgabe zuteil wird. Friedrich August wurde am 22. Mai 1670 als zweiter Sohn von Kurfürst Johann Georg III. und dessen Gemahlin Anna Sophie von Dänemark in Dresden geboren. Für seine Beurteilung ist es wichtig zu wissen, daß sein Vater Johann Georg eine typische Soldatennatur darstellte, ein Charakterzug, den wir auch bei Friedrich August als Erbe seiner väterlichen Vorfahren finden. Dagegen erbte er von der Mutter neben militärischen Fähigkeiten zusätzlich die Vorliebe und Aufgeschlossenheit für kulturelle Fragen und Themenbereiche. Noch war es nicht vorauszusehen, daß er einmal die Nachfolge seines Vaters Johann Georg abtreten könnte. Dieser Fall trat aber ein, als sein älterer Bruder Kurfürst Johann Georg IV. (1668 - 1694) nach nur gut 2 1/2jähriger Regierungszeit plötzlich ohne Nachkommen verstarb. So wurde Friedrich August 1694 Kurfürst von Sachsen und 1697 zusätzlich König von Polen. Polenpolitik Mit seinem Regierungsantritt 1694 leitete Friedrich August eine Epoche ein, die von allem auf dem Gebiet der Außenpolitik für sein Land eine Reihe bedeutsamer Ereignisse mit sich bringen sollte. Diese räumten Kursachsen eine Machtstellung ein, die dieses verhältnismäßig kleine Land im Zentrum Deutschlands mitten in die großen Zusammenhänge der europäischen Politik verstrickte. Grundlegend dafür war das Bestreben des Kurfürsten, die Stellung seines Hauses Wettin durch die Gewinnung einer Hausmacht jenseits der Grenzen des Heiligen Römischen Reiches-Deutscher Nation zu erhöhen. Eine günstige Gelegenheit dazu ergab sich, als der polnische König Johann Sobieski am 17. Juni 1696 starb. Dadurch wurde es August dem Starken möglich, seine Kandidatur zum polnischen König zu betreiben. Dafür kamen ihm seine ausgezeichneten Kontakte zu Österreich und dem habsburgisch dominierten Donauraum zugute. Diese hatte schon sein Vater, Kurfürst Johann Georg III., durch seine persönliche Freundschaft mit Kaiser Leopold I. (1658 - 1705) gepflegt. Auch Friedrich August der Starke vertrat diese Linie der Zusammenarbeit mit den Habsburgern und erneuerte als eine seiner ersten Taten am 23. Mai 1694 das Bündnis mit Österreich, womit er gleichzeitig seinen Beitritt zur großen Allianz gegen Frankreich erklärte. Damit befolgte der Kurfürst-König eine politische Richtung, die von allen seinen Nachfolgern beibehalten wurde, wenn man von der Ära des österreichischen Erbfolgekrieges im 18. Jh. und der Napoleonischen Zeit zwischen 1806 und 1815 absieht. Daher war es nur allzu verständlich, daß August der Starke als kaiserlicher Oberbefehlshaber und Nachfolger des Türken-Louis - des Markgrafen Ludwig von Baden - an der Befreiung Ungarns von der Türken-Herrschaft beteiligt, allerdings ohne große militärische Eignung, wie Hugo Hantsch in seiner "Geschichte Österreichs" feststellt. Trotzdem ist es als positives Anzeichen zu bewerten, daß dieser Wettiner wesentlichen Anteil an der Rückgewinnung Ungarns für das europäische und christliche Abendland hatte. Für die weiteren Ereignisse - vor allem in der Frage der Erringung der polnischen Königskrone - wurde der Übertritt August des Starken zur römisch-katholischen Kirche bedeutungsvoll. Dieser welthistorisch so wichtige Schritt war für die Erreichung des von ihm angestrebten Zieles unerläßlich und entsprach damit einem wesentlichen Grundsatz des polnischen Reichsgrundgesetzes. Dieses besagte, "daß zu ewigen Zeiten kein anderer, als welcher der römisch-katholischen Kirche zugetan sei, zu einem König von Polen erwählt werden solle". Dieser Forderung beugte sich Friedrich August und trat am 1. Juni 1697 in der katholischen Hofkapelle zu Baden bei Wien feierlich zum römisch-katholischen Glauben über, in dem er das vorgeschriebene Apostolische Glaubensbekenntnis vor seinem Vetter, den damaligen Bischof von Raab in Ungarn, Christian August von Sachsen-Zeitz, ablegte. Bischof Christian August wurde später Kardinal-Primas von Ungarn und bekleidete als kaiserliche Prinzipalkommissar beim Immerwährenden Reichstag zu Regensburg das Amt eines Stellvertreters des Kaisers. Über die erfolgte Konversion August des Starken stellte Christian August eine Bescheinigung aus, die vom päpstlichen Internuntius beglaubigt und dem in seinem Auftrag nach Warschau entsandten Obersten von Flemming zugeleitet wurde. Auf diese Weise gelang es Flemming, den Vizeprimas von Polen, den Bischof von Cujavien, für den Wettiner zu gewinnen. Desgleichen erhielt Friedrich August durch den Fürstbischof von Passau, den Grafen von Lamberg, in dessen Eigenschaft als kaiserlicher Gesandter, Schützenhilfe für die bevorstehende Wahl, nicht zuletzt als Folge seines Übertritts zum katholischen Glauben. 11 Tage nach diesem wichtigen Ereignis beschwor Flemming im Auftrag August des Starken die "Pacta Conventa", die aus 37 Punkten bestehende Wahlkapitulation: diese beinhaltete eine Garantie der Verfassung und der Freiheiten der polnischen Adelsrepublik. Im einzelnen bestimmte sie, daß die Wahlfreiheit bestehenbleiben, nur Katholiken zu Königen von Polen gewählt, sowie die Religionsfreiheiten der Dissidenten und die alten Freiheiten der Wojewodschaften geschützt werden sollten. Der eigentliche Wahlakt fand am 27. Juni 1697 auf dem Wahlfeld Wola bei Warschau statt. Dabei kam es zu einer zwiespältigen Entscheidung, weil sich die französische Partei unter Leitung des Primas, des Kardinals und Erzbischofs von Gnesen Radzijowski, für Carl Ludwig von Bourbon-Conti, den Kandidaten des französischen Königs Ludwig XIV. entschied. Dagegen sprach sich die sächsisch orientierte Richtung unter dem Bischof von Cujavien als Vizeprimas von Polen für Friedrich August aus. Der Bischof betönte, daß der Wettiner trotz dieser unklaren Entscheidung legitim zum König von Polen gewählt worden sei. Damit wurde eine Periode fruchtbarer Zusammenarbeit auf der Basis einer Personalunion bzw. Förderation zwischen dem schon damals gewerblich-orientierten Kurfürstentum Sachsen und dem agrarisch ausgerichteten Königreich Polen eingeleitet Dieser Zeitraum erscheint bedeutungsvoll, weil auf diese Weise eine Zusammenarbeit auf politischem, wirtschaftlichen und kulturellem Gebiet einsetzte, die für unsere moderne europäische Einigung beispielhaft sein könnte. Die Erlangung der polnischen Königswürde durch das Haus Wettin-Albertinische Linie führte aber auch zu engen und fruchtbaren Kontakten mit dem östlichen Nachbarland Rußland. Dabei muß gesagt werden, daß diese Möglichkeit der polnischen Königswürde sich überhaupt nur auf der Basis eines Bündnisses zwischen August dem Starken und Peter dem Großen eröffnete. Als Folge davon wurde der französische Einfluß aus dem ostmitteleuropäischen Raum zurückgedrängt. Damit verstärkte sich wiederum die drohende Gefahr einer Einkreisung Frankreichs durch das Deutsche Reich und die habsburgischen Erblande. Wie schon erwähnt, bildete die Freundschaft mit dem benachbarten Österreich als dem Träger der Kaiserkrone und damit der führenden Großmacht innerhalb des Heiligen Reiches die Grundlage der sächsischen Außen- und Deutschlands- Politik in der Regierungszeit August des Starken. Damit führte dieser Wettiner eine Politik weiter, die bereits seit Beginn der Neuzeit von seinen Vorgängern betrieben wurde. Dabei war es gleichgültig, in welchem konfessionellen Lager die Wettiner standen. Auf diese Weise konnte die Selbständigkeit und Eigenständigkeit Sachsens voll gewahrt werden. Zugleich richtete der Kurfürst-König auch die Zusammenarbeit mit dem nördlichen Nachbarland Preußen auf eine friedliche Koexistenz ein, um es mit einem modernen Schlagwort unserer heutigen Zeit zu bezeichnen. Dafür liefert besonders das Zeithainer Lager ein bezeichnendes Beispiel, zumal König Friedrich Wilhelm von Preußen als Gast an diesen Festlichkeiten teilnahm. Nur unter Beachtung dieser beiden auch für die Geschichte des Föderalismus in Deutschland wichtigen Grundsätze sächsischer Reichspolitik konnte der Polenpolitik August des Starken überhaupt erst ein Erfolg beschieden sein. Dazu kam aber noch die schon angeführte enge Zusammenarbeit mit dem Zarenreich, die es dem Kurfürsten-König überhaupt erst ermöglichte, sich gegen den Widerstand einer im Bund mit Frankreich und Schweden operierenden innerpolnischen Opposition durchzusetzen. Damit ist eine enge Bindung zwischen diesen beiden grundlegenden Komponenten sächsischer Außenpolitik hergestellt. Diese beherrschten die weitere Politik Sachsens weit über das Augusteische Zeitalter hinaus. Sie prägte sogar die Reichspolitik nach 1763 oder im 19. Jahrhundert als politische Grundlinie innerhalb des deutschen Bundes zwischen 1815 und 1866. Das Geschehen im genannten Zeitraum richtete sich vorzugsweise auf die Erhaltung der Lebensberechtigung des sächsischen Staates zwischen den beiden Großmächten Österreich und Preußen aus. Daraus ist beispielsweise die zwiespältige Haltung des Königreiches Sachsen in den Fragen der allgemeinen Deutschland-Politik durch die Zusammenarbeit mit Österreich und der Handels- und Wirtschaftspolitik besonders im Zollverein mit Preußen während des 19. Jahrhunderts zu erklären. Die Verbindungen zu Polen blieben insofern weiter bestehen, als der Sohn August des Starken Friedrich August II. die Personalunion beider Territorien nach seinem Regierungsantritt 1733 zu erneuern verstand. Diese Union endete erst durch den Tod dieses Wettiners 1763. Danach wurde der unmittelbare Kontakt unterbrochen, obwohl weitere intensivere Bemühungen in dieser Richtung stattfanden. Dieselben führten schließlich zu einem interessanten Plan, Rest-Polen nach der zweiten Teilung zu einer Erbmonarchie unter wettinischer Herrschaft werden zu lassen. Damit sollten die Albertiner als polnische Könige fungieren. In Bezug auf die Verfassung vom 3. Mai 1791 trugen die polnischen Reichsstände der Tochter des ersten sächsischen Königs Friedrich August I. des Gerechten die Königswürde an. Bedauerlicherweise konnte diese Idee nicht mehr verwirklicht werden, weil die dritte Aufteilung Polens unter die Großmächte Preußen, Rußland und Österreich der Verwirklichung diesem Plan zuvorkam. Kurzfristig kam es aber unter dem französischen Kaiser Napoleon I. zu einer erneuten Verbindung zwischen dem Königreich Polen und dem vom Korsen gebildeten Herzogtum bzw. Großherzogtum Warschau. König Friedrich August der Gerechte von Sachsen - der Urenkel August des Starken - vereinigte damit die beiden genannten Territorien erneut in einer Personalunion bzw. Föderation. Durch die Niederlage Napoleons und Friedrich Augusts 1815 hervorgerufen, entstand auf dem Wiener Kongreß ein Königreich Polen, dessen Würde aber bis in den Ersten Weltkrieg der Zar von Rußland bekleidete. Trotzdem blieben weitere enge Bindungen zwischen Sachsen und Polen insofern erhalten, als zahlreiche Polen, vor allem Anhänger des Adels -Sachsen als Exil wählten. Noch heute erinnern die polnischen Grabmäler aus dem 19. Jh. im Inneren Katholischen Friedhof zu Dresden an diesen Tatbestand. Zeitweise wurde noch im 20. Jh. mehrfach erwogen, den polnischen Staat unter wettinische Herrschaft zu stellen. Zudem ist diese enge Zusammenarbeit zwischen Sachsen und Polen ein wichtiges Beispiel für die europäische Einigung, die seit 2004 Polen und Deutschland in der Europäischen Union vereinigt hat. Neuerdings ist diese Verbindung dokumentiert durch die Wahlen der Päpste Johannes Paul II. und Benedikt XVI. Auch meine Frau, Prinzessin Elmira, und ich trugen durch Besuche und Vorträge in Warschau und Breslau dazu bei, diese Verbindungen mit neuem Leben zu erfüllen. Kulturelle, wirtschaftliche und soziale Verhältnisse Mit den Namen der beiden Kurfürsten Friedrich August I. den Starken und seinem gleichnamigen Sohn Friedrich August II. sind das barocke Dresden mit seinen markanten Bauwerken Zwinger Frauenkirche und Katholische Hofkirche verbunden. Dazu zählten auch die weltberühmten Dresdner Kunstsammlungen - die Meißner Porzellansammlung im Zwinger, das Grüne Gewölbe im Dresdner Residenzschloß und die Gemäldegalerie Alte Meister, die die sächsische Landeshaupt- und Residenzstadt Dresden zu einer führenden europäischen Kulturstadt werden ließen. Zu erinnern ist ferner an die Miederentdeckung des Meißner Porzellans durch Johann Friedrich Böttger und Ehrenfried Walter Tzschirnhaus im Jahre 1710. Bezeichnend ist die Tatsache, daß August der Starke das ursprünglich in China und Japan beheimatete Porzellan sammelte und Maßnahmen zur Wiederentdeckung förderte. Diese kamen neben der Miederentdeckung des Porzellans auch der sächsischen Glaserzeugung zugute. Der Gründungsurkunde der Meißner Porzellanmanufaktur von 1710 ist zu entnehmen, daß der Kurfürst-König Fachleute vor allem aus dem mittelständischen Bereich durch geschickte Werbemaßnahmen für Meißen gewinnen konnte. Dazu zählten z.B. Porzellanmaler, Vergolder, Bildhauer und ähnliche Vertreter des Kunstgewerbes. Die seither ununterbrochen in Betrieb befindliche Meißner Porzellanmanufaktur führt mit Recht den ehrenden Beinamen "Mutter der europäischen Porzellanmanufakturen", weil alle Produktionsstätten im europäischen Raum direkt oder indirekt auf Meißen zurückgeführt werden können. Auf Grund der engen dynastischen Verbindungen der Häuser Wittelsbach, Hohenzollern und Wettin gelangten reiche Porzellanschätze in das heutige Bayern. Führend ist dabei die Landeshauptstadt München, wo wir allein drei wichtige Meißner Porzellansammlungen im Residenzmuseum, dem Bayer. Nationalmuseum und im Schloß Lustheim bei Schleißheim vorfinden. Dazu kommen im fränkischen Raum die ehemals geistlichen und weltlichen Residenzstädte Ansbach, Bayreuth und Bamberg, in deren Schlössern und Residenzen sich beachtliche Porzellanschätze aus dem 18. Jh. befinden. Das Augusteische Zeitalter zwischen 1694 und 1763 brachte auch im Musikleben bemerkenswerte Leistungen hervor. In diesem Zusammenhang ist besonders an den Dresdner Hofkapellmeister Johann Adolph Hasse (1699 - 1783) und den Leipziger Thomaskantor Johann Sebastian Bach zu erinnern, dessen Lebenswerk noch heute durch den Thomanerchor in liebevoller Weise gepflegt wird. Interessant ist weiterhin, daß schon in diesem Zeitraum im verhältnismäßig kleinen Sachsen mit Dresden und Leipzig zwei gleichwertige kulturelle und wirtschaftliche Zentren bestanden. Während die Haupt- und Residenzstadt Dresden durch den Hof, den Adel und die Beamtenschaft gefördert wurde, war es für die Messestadt Leipzig das Bürgertum, besonders die Kaufmannschaft, die seit dem späten Mittelalter durch die Einwanderung süddeutscher Kaufleute wertvolle Anregung erhielt. Aber auch im Kulturleben dieser Stadt bewährten sich die Wettiner durch eine großzügige Förderung der kulturellen Eigenständigkeit des Leipziger Bürgertums. Große Bedeutung besaßen auch die Hoffeste, die unter August dem Starken und seinen Sohn Friedrich August II. fast regelmäßig durchgeführt wurden. Diese Festlichkeiten dienten nicht nur der fürstlichen Repräsentation des Absolutismus, sondern besaßen zudem kulturelle und soziale Beweggründe. Auf künstlerischem und kulturellen Gebiet verdanken wir diesen Festen das weltberühmte Bauwerk des Dresdner Zwingers; aber auch die Dresdner Hofoper und der weit über Sachsen hinaus bekannte Dresdner Kreuzchor wurden durch diese Hoffeste positiv beeinflußt. Dasselbe gilt für die zahlreichen Meißner Porzellangruppen Johann Joachim Kändlers und seiner Mitarbeiter, die vielfach ihre Vorbilder bei den genannten Hoffesten fanden und sie für unsere Gegenwart als wertvolle historische Dokumente des 18. Jh festhielten. Für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung besaßen diese barocken Hoffeste auch deswegen Bedeutung, weil August der Starke mit ihrer Hilfe den Zustand einzelner Gewerbe- und Wirtschaftszweige einer breiteren Öffentlichkeit vorstellen konnte. Das gilt besonders für das Saturnfest im Plauen'schen Grund bei Dresden im September 1719; bei dieser Gelegenheit zogen Gruppen aus dem Bergbau des Erzgebirges in ihren farbenprächtigen Trachten und dem unter Kurfürst Johann Georg II. geschaffenen Bergmannsschmuck auf. Sie repräsentierten dabei auch ihre einzelnen Arbeits- und Produktionsgänge und wiesen damit auf die zahlreichen technischen, wirtschaftlichen und sozialen Probleme hin. In gewissem Maße können diese Hoffeste des 18. Jh. auch als Vorläufer unserer modernen Handelsmessen angesehen werden. Bestgehalten sollte daher die Tatsache, daß mit diesen festlichen Aufzügen wohl überlegte Wirtschafts- und sozialpolitische Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung in Beziehung standen. Dasselbe gilt natürlich für alle anderen Bereiche des kulturellen Lebens. Bedauerlicherweise fehlen dazu noch nähere wissenschaftliche Forschungen und Untersuchungen, die durchaus wertvolle Bausteine für eine noch zu bearbeitende sächsische Sozial- und Wirtschaftsgeschichte bieten könnten. In das Zeitalter August des Starken fallen aber auch die erste Ansätze zur Industrialisierung Sachsens, wurde doch damals die Basis für die Blüte der sächsischen Volkswirtschaft im 19. und beginnenden 20. Jh. gelegt. Ähnlich wie sein Vorfahre Kurfürst August von Sachsen im 16. Jh. lenkte der Kurfürst-König das besondere Augenmerk auf die Förderung des sächsischen Textil-gewerbes, aus dem sich im 19. Jh. eine blühende Textilindustrie entwickelte. Zu erwähnen ist die Strumpfwirkerei, die im Raum von Chemnitz schon damals eine Hochkonjunktur erlebte. Dieser Zweig der Textilwirtschaft wurde bereits 1704 durch Georg Esche in Limbach bei Chemnitz heimisch. Esche rief noch 1704 ein strumpfverarbeitendes Unternehmen mit 80 Strumpfstühlen ins Leben. Damit wurde nicht nur die Grundlage für die später so wichtigen "Esche-Werke" geschaffen, sondern auch für die Industrialisierung Sachsens unter August dem Starken ein entscheidender Impuls gegeben. In ähnlicher Weise entwickelten sich unter seiner Regierung die Leineweberei und der Leinwandhandel der Oberlausitz, sowie die Spitzenklöppelei und die Stickerei des Erzgebirges und des Vogtlandes zu untrennbaren Bestandteilen der sächsischen Volkswirtschaft. Auch die bereits erwähnte und um 1710 gegründete Meißner Porzellanmanufaktur besaß für die sächsische Wirtschaft einen erheblichen Stellenwert. Durch die Befreiung von Zöllen oder sonstigen Abgaben entwickelte sich das "Weiße Gold" zu einem wichtigen Exportartikel und damit zu einer wesentlichen Devisenquelle für den sächsischen Staat. Daher ist es durchaus verständlich, daß Meißner Porzellane auf den bereits im 18. Jh. weit über Sachsen hinaus berühmten Leipziger Messen ein begehrtes Handelsobjekt darstellten. Der wirtschaftliche Wert des Meißner Porzellans erhöhte sich noch weiter dadurch, daß zahlreiche mit dem Herrscherhaus verwandte oder befreundete europäische Fürstenhäuser wie z.B. Rußland, Preußen, Bayern oder Österreich Großaufträge vergaben. In ihrem Bestreben lag es auch, das Geheimnis der Porzellanherstellung den eigenen Volkswirtschaften nutzbar zu machen. Daher versuchten beinahe alle europäischen Fürstenhöfe, Mitarbeiter aus Meißen abzuwerben, um auf diese Meise eigene Porzellanmanufakturen ins Leben zu rufen. Die Rolle der Frauen Unter den vielfach negativ bewerteten Eigenschaften August des Starken wird seine große Neigung zur Frauenwelt angesehen. Diese ist teilweise dadurch zu erklären, daß seine Gemahlin Christiane Eberhardine (1671 - 1727), eine geborene Prinzessin von Brandenburg-Bayreuth, seit dem Übertritt August des Starken zum Katholizismus von ihrem Gemahl weitgehend getrennt in Schloß Pretzsch an der Elbe lebte und dem evangelischen Glauben treu blieb. Sie entfaltete dort nach dem Beispiel des Dresdner Hofes ein beachtliches kulturelles Leben. Für ihre soziale Gesinnung ist bezeichnend, daß sie sich besonders um das Schicksal der Waisenkinder kümmerte. Wenn man Eduard Vehse Glauben schenken darf, so ist diese angebliche Schwäche für Frauen - Friedrich August besaß nachweislich 12 Nebenfrauen - nicht nur auf seinheißes Blut, sondern auch auf den Zeitgeist zurückzuführen. Letzteres galt im 18. Jh vielfach als empfehlenswerte Sache des guten Tones, und beschränkte sich nicht nur auf Sachsen und sein Herrscherhaus Wettin, sondern betraf auch zahlreiche Zeitgenossen in allen Teilen Europas. Sein Vorbild war offenbar der französische König Ludwig XIV. Der Kurfürst-König August der Starke starb am 1. Februar 1733 in Warschau während der Teilnahme an einem Reichstag an den Folgen eines durch Zuckerkrankheit hervorgerufenen Brandes. Auf Grund seines Testaments wurde er in Krakau beigesetzt, während sein Herz in der Gruft der katholischen Hofkirche in Dresden in einer silbernen Kapsel verwahrt wird. Mit ihm verlor Sachsen einen großen Staatsmann, einen Förderer des Kultur- und Wirtschaftslebens. Seine große Idee als Kultur-mäzen und Wirtschaftskenner lebt noch bis in die Gegenwart herein in den unvergänglichen barocken Bauwerken, den Kunstsammlungen seiner Haupt- und Residenzstadt Dresden weiter. Wie Eduard Vehse mit Recht feststellt, wurde Dresden durch diesen Wettiner "ein erster Platz für die gesamte gebildete Welt".
(Festansprache aus Anlaß des 275jährigen Jubiläums des Zeithainer Lagers am 10. - 12. Juni 2005)
|
||
Alle Rechte
vorbehalten! |
||